Reifen in gepanzerten Limousinen. 

Präsidenten, Minister, hochrangige Staatsbeamte, Königsfamilien, der Papst und eine ganze Reihe an sehr reichen Leuten. All diese Leute kaufen außergewöhnliche Reifen, die ihren überhöhten Anforderungen entsprechen müssen.

Ihre Autos sowie die montierten Reifen sollen ihnen absoluten Schutz gewährleisten.

Jedes Jahr werden rund eintausend gepanzerte Autos für den zivilen Markt hergestellt. Darunter fallen nicht nur Limousinen, sondern auf Geländewagen und SUVs. Die Kunden sind sowohl staatliche Würdenträger, als auch auf ihre Sicherheit achtenden Geschäftsleute sowie Stars aus dem Showbusiness.

Panzerplatten, die den Motor und den Tank schützen, mehrschichtige, kugelsichere Panzergläser, verstärkte Fahrzeugböden, durch welche das Auto selbst einer Explosion von 7 kg TNT aushält, gepanzerte Türen, die rund 200 kg wiegen (falls sie beim Eindrücken des Autos klemmen sollten, können diese von Innen gesprengt werden, um die Passagiere zu evakuieren). Das sind nur einige der für Limousinen verfügbaren Verstärkungen.

Mit anderen Worten – ein Auto kann von der Konstruktion her in eine Festung auf Rädern verwandelt werden. Jedoch bleiben da noch die Reifen und Räder, die nicht so einfach vor Gefahren geschützt werden können. Darüber hinaus ist die Herstellung von „gepanzerten Reifen“, auch wenn gepanzerte Limousinen von speziellen Unternehmen gefertigt werden, immer noch die Domäne von Reifenunternehmen. Die Perfektionierung dieser Reifen ist das Ergebnis des wissenschaftlichen Fortschrittes, des Wissens und der Erfahrung von Konstrukteuren.

Runflat Reifen

Querschnitt eines Reifens mit RunFlat-System

Diese Fortschritte sind tatsächlich groß, wenn man die Reifen vom Typ RunFlat betrachtet, die das Weiterfahren selbst nach dem Durchstoßen und anderen Beschädigungen am Reifen ermöglichen. Die Geschichte von gepanzerten Limousinen reicht zwar in die 20er Jahre des 20. Jahrhunderts zurück (z.B. das Modell Nürburg 460 von Mercedes), allerdings wurde diese Art von Fahrzeugen erst einige Dekaden später allgemein genutzt. Es reicht die Anordnung aus den Vereinigten Staaten zu erwähnen, welche nach dem Anschlag von 1963, in dem John F. Kennedy starb, erteilt wurde, die die Präsidenten des Landes dazu auffordert, mit entsprechend gesicherten Fahrzeugen zu fahren.

Dreißig Jahre zuvor kam ein Reifen auf den Markt, der als „teilweise kugelsicher“ („semi-bullet proof“) beworben wurde. Im Jahr 1934 stellte Michelin seine eigene Version vor. Sie wurde für Militärfahrzeuge und Spezialfahrzeuge entwickelt, wie z.B. gepanzerte Lastwagen, die Geld transportieren. Im Reifen befand sich der „Sicherheitsring“, der nach dem Durchbohren die Belastung abfing und es ermöglichte aus der Gefahrenzone zu fahren.

In demselben Jahr präsentierte Goodyear seine eigene LifeGuard-Technologie. Sie beruht auf einem zusätzlich eingebauten Nylonschlauch. Die Technologie ermöglicht das kurzzeitige Fortsetzen der Fahrt, zum Beispiel bis zu einer Punkt, an dem man den Reifen durch einen neuen ersetzen kann.

Nach dem Krieg trieb Goodyear die Entwicklung des Run-Flat-Reifens nach vorne. Im Jahr 1955 entwickelte das Unternehmen einen Reifen mit einer Kunststoffeinlage (das sog. Captive Air Shield). Diese Erfindung wurde später im Double Eagle Modell eingesetzt, das unter dem Motto „Reifen mit eingebautem Ersatzreifen” verkauft wurde. Nach dem Durchstoßen des Reifens konnte das Auto sogar noch 160 km mit einer Geschwindigkeit bis 80 km/h zurücklegen. In den 70er Jahren wurde die Reifen durch versteifte Seitenwände verbessert (ihre Versionen präsentierten u.a. Michelin, Dunlop und Goodyear), die das Verbiegen während eines plötzlichen Druckverlustes verringern. Das sind die wichtigsten Innovationen, die bis heute bei der Produktion der Reifen vom Typ Run-Flat verwendet werden.

„Die Bestie” von Barack Obama.

Lasst uns jetzt einmal schauen, wie diese Reifen im genauestens gesicherten VIP-Sektor genutzt werden. Wir beginnen bei der bekanntesten und am besten gesicherten Limousine der Welt. Der Cadillac One von Barack Obama wird nicht ohne Grund „die Bestie” genannt. Die Türen und die Karrosserie sind rund 20 cm stark, das Auto wiegt über 8 Tonnen, verbraucht über 60 Liter (!) auf hundert Kilometern, seinem Passagier gewährleistet das Auto sogar einen Sauerstoffvorrat und Blut für eine eventuelle Transfusion.

Cadillac One

Der Cadillac One. (fot. Wikipedia)

Man kann also behaupten, dass es ein Auto gibt, das einen atomaren Angriff standhält und das mit Sicherheit der US-Präsident sich mit diesem Fahrzeug fortbewegen wird. Die Reifen für den Cadillac von Obama liefert das amerikanische Unternehmen Goodyear. Genau genommen ist dies das Modell Goodyear Regional RHS, also ein Lkw-Reifen (Größe 285/70 R19,5). Berücksichtigt man jedoch die Größe und das Gewicht „der Bestie“, ist diese Reifenwahl völlig verständlich. Goodyear gibt bekannt, dass der Reifen mit Kevlar verstärkt wurde, wodurch er widerstandsfähiger gegen Zerreißen und das Durchstoßen durch Stachel ist. Falls dies nicht ausreicht wurde das Run-Flat-System eingesetzt, das zusammen mit dem Unternehmen Hutchinson Industries vorbereitet wurde. Der Stahlgürtel auf den Rädern ermöglichen eine Fahrt bei normaler Geschwindigkeit nicht nur für den Fall, wenn alle Reifen durchschlagen werden, sondern auch für den Fall, wenn das Auto seine Bereifung verliert.

 Die britische Queen, italienische Reifen.

Eine ähnliche Technologie nutzt die britische Queen, wenn sie mit der Bentley State Limousine fährt. Diese Limousine wurde nur in zwei Exemplaren gefertigt. Die Kosten eines Exemplars werden auf 10 Millionen Pfund geschätzt. Das Auto wurde mit den durch Kevlar verstärkten Pirelli Scorpion Zero Reifen (ebenfalls mit einem Run-Flat-System) ausgestattet und ist der einzige Bentley-Typ, der werksmäßig mit Reifen dieser italienischen Marke ausgestattet ist. 

Bentley State Limousine

Bentley State Limousine (fot. Wikipedia.)

Die Bridgestone Dueler A/T Reifen werden hingegen in einem anderen sehr wichtigen Auto mit einem sehr wichtigen Passagier eingebaut. Es geht um das Papamobil von Papst Franziskus, sprich dem Jeep Wrangler. Mit diesem Fahrzeug bewegt sich der Heilige Vater während seinen Besuchen, wie u.a. in den Vereinigten Staaten, fort. Bei Regierungs- und Präsidentenlimousinen trifft man häufig auf die Michelin PAX Reifen. Die Reifen der französischen Marke nutzt zum Beispiel die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel in ihrem Audi A8 Dienstwagen. Das kann etwas verwundern, wenn man den deutschen Konsumpatriotismus berücksichtigt. Teils Scherzhaft, teils ernstgemeint kann dies auch ein Geschenk vom französischen Präsidenten Francois Hollande sein, der dieselben Reifen auf seinem offiziellen Citroen C6 und dem DS5 nutzt.

Audi A8 VIP

Audi A8 (fot. Wikipedia)

Auf Michelin setzt sogar Wladimir Putin. Die Reifen der französischen Marke wurden in seinen Mercedes S6000 Pullman Guard montiert.

Mercedes S600 VIP

Mercedes S600 (fot. Wikipedia.)

Immer mit der Ruhe, das ist nur eine Panne. 

Der Michelin PAX ist ein homologiertes Modell, das auch für die Limousinen vom Typ BMW 7 High Security passt (Pilot Primacy in der Sommerversion und Alpin in der Winterversion), die bislang der polnische Präsident Andrzej Duda nutzte. Gerade dieser Reifen oder besser gesagt seine Panne, wurde im März dieses Jahres in den Medien stark diskutiert. 

BMW 7 High Security VIP

BMW 7 High Security (fot. Autobild.de)

Bei dieser Gelegenheit kann man eine Geschichte aus der Vergangenheit anführen. In den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts lief in den tschechischen Mitas-Werken das Programm zum Entwickeln, Konstruieren und Herstellen der Reifen der 600 Serie, die für die über 4 Tonnen schweren Skoda VOS Limousinen bestimmt waren. Dieses Auto diente den tschechoslowakischen Würdenträgern und deren Gästen. Die Reifen, die sicher, beständig und widerstandsfähig gegen jegliche Beschädigungen sein sollten, platzten eines Tages während einer einfachen Fahrt eines staatlichen Würdenträgers. Die Ermittlungen in dieser Angelegenheit kamen in die Hände des tschechoslowakischen Sicherheitsdienstes, den Direktoren der Mitas-Werken drohte sogar eine Gefängnisstrafe, jedoch „reichten“ zum Schluss einfache Entlassungen.

Skoda VOS

Skoda VOS (fot. Wikipedia)